Gewalt

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Ich habe einen Lieblings Kung Fu Blog auf den ich an dieser Stelle gerne hinweisen möchte: Kung Fu Blog von Linda Zeller, einer begeisterten Adeptin des Hung Gar. Sie hat auch zwei kürzere Posts zum Thema Gewalt veröffentlicht, die ich zum Anlass nehmen möchte, um über dieses Thema zu schreiben. Denn in "Voll gewalttätig..." vom Juli 2019 werden zwei konträre, aber sehr charakteristische Ansichten zitiert: Erstens, als Budoka müsse man "in der Lage sein, jemanden abzuwehren, ohne diese Person zu verletzen", und zweitens, Martial Arts könne mit "Wie zerstöre ich den menschlichen Körper" überschrieben werden. Linda Zeller macht sich keine dieser Ansichten zu eigen, zumindest verstehe ich sie so, aber es sind wirklich gute Kontrapunkte, um über Kampfkunst und Gewalt nachzudenken. Mit dem ersten will ich heute beginnen, aber das Thema ist so groß dass ich es auf drei Posts aufteile.

Wenn dabei von Gewalt die Rede ist, dann ist immer körperliche Gewalt gemeint, aber "bloß" "normale" Gewalt unter Erwachsenen: Prügel, Schlägereien und Vergewaltigung. Ich spreche nicht von Folter, von Kindesmissbrauch, nicht von Waffen und erst Recht nicht von Krieg. Ich spreche aber auch nicht von verbaler Gewalt, institutioneller Gewalt oder Staatsgewalt. Was übrig bleibt ist immer noch ein weites Feld.

Für friedliebende Menschen ist der Gedanke, dass Gewalt notwendig sein könnte oft schwer zu ertragen. Dann denken wir an die Opfer von Gewalt. Andererseits sind wir überwiegend bereit, Gewalt in Notwehrsituationen, als Verteidigung zu rechtfertigen. Um einen Peiniger zu überwinden können wir Gewalt sogar befreiend denken. Und schließlich kann Gewalt Teil eines sportlichen Kräftemessens sein. Maximal kultiviert im Judo, maximal entfesselt in den Mixed Martial Arts Turnieren der UFC.

Das Körperliche allein - Schläge zum Beispiel - ist also nicht der Grund weshalb wir Gewalt ablehnen, sondern die Unterwerfung des Opfers und dessen unfreiwillige und unverschuldete Rolle. Daran unterscheiden wir in erster Linie zwischen gerechter und schlechter Gewalt, zwischen Schlägerei und Boxkampf, Angriff und Notwehr, Raubüberfall und Polizeieinsatz, Unterdrückung und Revolte.

Die Ansicht, oder der Anspruch, waffenlose Kampfkunst bedeute Verteidigen ohne Verletzen, speist sich vielleicht aus dem Wunsch nach einer gerechten Gewalt, die nur zurückzahlt, oder einem magischen Schutz vor Gewalt, einem mythischen Airbag, oder sie speist sich einfach aus unseren geliebten Kung Fu Filmen, in denen edle Meister Wurfsterne mit Essstäbchen fangen. Verteidigen ohne zu Verletzen ist natürlich ein Ideal dem wir nacheifern können und sollen, und es kommt auch häufig genug vor, dass Angreifer, Schläger oder Räuber, von ihrem Opfer bei der ersten Gegenwehr ablassen. Aber falls sie das nicht tun bleibt uns nur, die Angreifer rasch kampfunfähig zu machen, oder zumindest so lange in Schock zu versetzen, dass wir fliehen können. Beides ist ohne Verletzung, oder zumindest die Inkaufnahme von Verletzungen, ohne den Einsatz von Gewalt, nicht zu erreichen. Mister Spocks Schultergriff ist Kino.

Und Judo? Aikido? Beides großartige Budokünste, aber "friedlich" sind sie nur in dem Sinne, dass sie nicht offensiv sind, nicht hinsichtlich der Trefferwirkung. Auf Straßenpflaster kann ein Judowurf so fatal sein wie ein Faustschlag. Und diejenigen Techniken des Aikido, die keine Würfe sind, sind geeignet um Gelenke auszukugeln. Außerdem ändert das technische Arsenal nichts daran, dass ein Angreifer der nicht aufhört anzugreifen, kampfunfähig zu machen ist. Ob dies erfolgt indem man ihm etwas gegen den Kopf schlägt, oder den Kopf gegen etwas schlägt ist dann ein technisches Detail, dass an der notwendigen Brutalität des Aktes nichts ändert.

In meiner persönlichen Erfahrung, und das ist vielleicht sogar ein Lichtblick, suchen die meisten Gewalttäter ein Opfer und keinen Gegner (bzw. diejenigen, die Gegner suchen, suchen unter Ihresgleichen). Schon resolutes Auftreten kann eine Menge Ärger verhindern, und entschlossene Gegenwehr tatsächlich Schlägereien beenden bevor sie richtig beginnen. Aber natürlich gilt das nicht für alle Angriffe, und auch das resolute Auftreten muss getragen werden vom unbeugsamen Willen oder vom wilden Entschluss, sich nicht unterkriegen zu lassen.

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